
Definition: Fuge – Was ist das?
Die Fuge ist ein musikalisches Kompositionsprinzip, das aus vier (oder manchmal auch drei) verschiedenen Stimmen besteht und durch Themenverarbeitung sich selbst als Werk weiterentwickelt. Das Thema tritt zuerst allein in der ersten Stimme auf – es heißt Dux. Die zweite Stimme – der Comes – wiederholt das Thema meist eine Quinte höher und gleichzeitig spielt die erste Stimme einen Kontrapunkt, der eine Art Gegenstimme zum Thema bildet. Es folgen je nach Anzahl der Stimmen noch ein oder zwei Themeneinsätze. Dann ist die Exposition beendet und ein Zwischenspiel führt in die Durchführung. Dort wird das Thema wieder gespielt und weiterverarbeitet, wobei oft in die Parallel- oder Dominanttonart ausgewichen wird. Über weitere Zwischenspiele wird die Fuge in neue Durchführungen geleitet, in denen das Thema weiter verarbeitet wird, bis es sich in einen Schluss auflöst und die Fuge beendet wird.
Die Fuge ist häufig ein eigenständiges, polyphones Werk, doch auch in Sinfonien oder Konzerten findet das Prinzip der Fuge von Komponisten Verwendung.
Wie ist eine Fuge aufgebaut?
Die Fuge lässt sich in mehrere Teile unterteilen, die meist auf vier Durchführungen zurückzuführen sind. Die Überleitungen dazwischen nennt man Zwischenspiele und erklingt das Thema innerhalb einer Durchführung nicht, spricht man von einem Binnenzwischenspiel.
Exposition (1. Durchführung)
Die Exposition, oder auch 1. Durchführung genannt, ist die Einleitung in das Stück und beginnt solistisch mit dem ersten Themeneinsatz Dux (”Führer”). Ist das Thema beendet, setzt eine zweite Stimme mit dem Thema eine Quinte höher ein und nennt sich nun Comes (”Gefährte”). Gleichzeitig spielt die erste Stimme eine Gegenmelodie zum Thema, die man als Kontrapunkt bezeichnet. Diesen kann man noch, je nach Vorkommen im weiteren Verlauf des Stücks, in bestimmte Typen einteilen. Das Thema wird in der Exposition genau so oft gespielt, wie es Stimmen in dem Stück gibt – meist sind es drei oder vier. Bei vier Stimmen erklingt also das Thema genau viermal hintereinander, wobei für jeden Einsatz eine neue Stimme dazukommt. Dann ist die Exposition beendet und das erste Zwischenspiel beginnt.

Zwischenspiel
Das Zwischenspiel verbindet in einer Fuge immer zwei Durchführungen miteinander. Es ist nicht sehr lang und enthält keinen Themeneinsatz. Als musikalisches Material verwendet es schnelle Tonleiterläufe, Quintfallsequenzen, gebrochene Dreiklänge oder auch Abspaltungen des Themas. Eine Quintfallsequenz bedeutet hier, dass die Harmonie immer um eine Quinte abfällt und zum Beispiel C, F, Bb, Es nacheinander erklingen. Während des Zwischenspiels finden dadurch auch Tonartwechsel statt, die es Komponist*innen möglich machen, eine neue Tonart für die kommende Durchführung unauffällig einzuführen. Das Ende des Zwischenspiels erkennt man leicht am wieder erklingenden Thema.

Durchführungen
Die Durchführungen beginnen mit dem ersten Themeneinsatz nach einem Zwischenspiel und sind für die weitere Verarbeitung des Themas zuständig. Auch hier wird für eine vollständige Durchführung einer Fuge ein Durchlauf des Themas durch alle vier Stimmen benötigt. Das ist aber nicht die Regel. Die meisten Komponist*innen bringen gerade durch unvollständige Durchführungen und weitere Abweichungen von der “Standardfuge” leben in das Stück und überraschen aufmerksame Zuhörer*innen mit eingeschobenen Binnenzwischenspielen, nur zwei statt vier Themeneinsätzen oder einem veränderten Thema. Zum Beispiel kann das Thema als Umkehrung gespielt werden, sodass nun alle Intervalle in die entgegengesetzte Richtung gespielt werden.
Diese Veränderungen und Abweichungen beginnen aber normalerweise erst in der 2. Durchführung, da die Exposition noch normgerecht auskomponiert wurde. Es gibt aber auch Fugen, in denen schon nach drei Themeneinsätzen, aber vier Stimmen das Zwischenspiel beginnt.

Hier ist für dich auch das Hörbeispiel zu der in den Bildern verwendeten Fuge:
Wichtige Begriffe für die Fuge
Wie für jede musikalische Gattung gibt es auch bei der Fuge spezielle musikalische Fachbegriffe, die man bei der Analyse und Beschreibung häufiger verwendet:
Binnenzwischenspiel
Ein Binnenzwischenspiel ist, wie der Name schon sagt, mitten in einer Durchführung verankert. Es markiert den Teil in der Durchführung, in dem von keiner das Thema gespielt wird und sozusagen ein Loch entstanden ist, das nun aufgefüllt wird. Daher sind sie meist nicht lang und dauern nur weniger als einen Takt lang (siehe Abb. 3). Bei einer Analyse kann es also vorkommen, dass die Durchführung durch ein Binnenzwischenspiel unterbrochen wird. Aber es ist auch möglich, dass sie einfach unvollständig und schon das “richtige” Zwischenspiel begonnen hat.
Kontrapunkt
Der Kontrapunkt ist eine Gegenstimme zum Thema der Fuge und erklingt immer mit dem Einsatz des Comes. Er wird dort daher von der ersten Stimme, die den Dux zuvor gespielt hat, eingeführt. Im weiteren Verlauf einer Fuge treten immer wieder Kontrapunkte auf, die als Gegenstimmen fungieren. Diese können neu erfundene Melodien sein, werden aber auch manchmal abgewandelt oder in gleicher Form wiederholt. Es gibt zu dem “normalen” Kontrapunkt in der Musikwissenschaft daher noch zwei spezielle Typen:
Zum einen gibt es das Kontrasubjekt. Es bezeichnet einfach eine Wiederholung des schon zuvor gespielten Kontrapunkts (siehe Abb. 1). Außerdem gibt es den doppelten Kontrapunkt, der besagt, dass ein Kontrapunkt von der Tonhöhe unter und auch über dem Thema gespielt wurde (siehe Abb. 1). Dafür muss aber nicht zwingend ein Kontrasubjekt vorhanden sein, sondern es können auch zwei unterschiedliche Kontrapunkte dafür verwendet werden.
Engführung
Die Engführung ist auch eine Besonderheit in der Fuge. Hier kommt es dazu, dass zwei oder auch mehr Stimmen das Thema zur gleichen Zeit spielen. Meist geschieht dies versetzt und eine Stimme beginnt mit einem neuen Themeneinsatz, kurz bevor eine andere das Thema vollendet hat (siehe Abb. 3).
Weitere Besonderheiten in einer Fuge
Zum Schluss führen wir hier noch ein paar weitere Besonderheiten und Begriffe auf, die dir bei der Bearbeitung und Analyse einer Fuge helfen können und dein Wissen erweitern.
Überzählige Themeneinsätze
Bisher war immer nur die Rede von einer unvollständigen Durchführung mit weniger Themeneinsätzen als Stimmen. Es gibt aber auch hin und wieder den Fall, dass in einer Durchführung Einsätze als Stimmen vorhanden sind und es einen oder mehrere überzählige Themeneinsätze gibt.
Reale und tonale Beantwortung
Der Comes ist ja prinzipiell eine Art Antwort auf den Dux, der durch eine einfache Wiederholung gekennzeichnet ist. Es gibt jedoch zwei Varianten, wie diese Antwort aussehen kann. Nach der “Schulfuge” spielt der Comes genau eine Quinte höher als der Dux in der Dominanttonart – das nennt sich reale Beantwortung. Es kann aber durchaus Abweichungen davon geben und der Comes spielt auf einer anderen oder sogar der gleichen Tonhöhe wie der Dux – das heißt dann tonale Beantwortung.
Erfahre mehr über Musiktheorie in unserem Onlinekurs!
Du möchtest mehr über Musiktheorie lernen und hast noch nicht das richtige Tool gefunden? Mit unseren Musiktheoriekurs bringen wir dich auf’s nächste Level. Bei uns lernst du alles zu den Themen Musiktheorie, Gehörbildung, Harmonisation und Epochenwissen. Mit über 80 interaktiven Übungen und Lektionen erklären wir dir alles, was du wissen musst, Schritt für Schritt! Schau gerne vorbei und teste unseren Kurs kostenlos!